Das Laientheater lebt!

Szenenapplaus für die Theatergruppe Friesenberg.

Ein Schwank ist Volkstheater pur. Auch bei Shakespeare findet man Elemente davon. Wie funktioniert das auf einer Quartierbühne?

Nationalrat Ruedi Zeller steht vor der Wahl in den Bundesrat. Man erwartet ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ihm und seiner intriganten Parteikollegin Stefanie Altherr. Das Zünglein an der Waage spielt dabei die Zentrumspartei, deren strengkonservative Fraktionschefin für eine definitive Wahlempfehlung den Kandidaten einem Eignungstest unterzieht.

Doch kurz vor ihrem Eintreffen eskaliert der Streit zwischen Ruedi und seiner Frau Tanja, die kurzerhand aus der gemeinsamen Hotelsuite stürmt.

Bundesratskandidat Ruedi instruiert das Zimmermädchen Anna-Lena für ihre Rolle als Ehefrau-Ersatz.

Slapstick und Flachwitze

Auf dieser Rahmenhandlung basiert der Theatergruppe Friesenberg-Schwank mit seiner Situations- und Typenkomik. Da ist etwa das Zimmermädchen Anna-Lena, das anstelle von Ruedis Frau einspringen muss. Sie sieht darin ihre Chance als Sprungbrett für eine Hollywood-Karriere, dafür hat sie sich doch seit drei Wochen mit einem Improvisationskurs schon mal vorbereitet.

Da sind turbulente Verwechslungen natürlich vorprogrammiert – erst recht, wenn die richtige Ehefrau plötzlich wieder auf der Matte steht. Und nicht genug: ein liebestrunkener, tollpatschiger Zimmernachbar, eine hartnäckige Journalistin und nicht zuletzt die Tücken des maroden Hotelzimmers, lassen Ruedi verzweifeln. Viel Platz für eine rasante Verwechslungskomödie in bester Boulevard-Manier, „aufgelegte“ und Flachwitze inklusive.

Das Publikum quittiert sie dankbar mit Lachern. Das Niveau wechselt zwischen bekannter Samstagabend-TV-Unterhaltung und überraschenden Slapstick-Einlagen, etwa wenn der tollpatschige Möchtegern-Casanova in Unterhose und Taucherbrille ins Zimmer platzt. Am Schluss sind alle wieder glücklich vereint, das Gute hat über das Böse gesiegt – alle haben etwas gelernt und sich dabei gut unterhalten. Solide, gut gespielte Unterhaltung.

Ups: Wie kommt der Ruedi da wieder raus?

Laienbühne mit langer Tradition

Fast interessanter ist die Geschichte der Laien-Schauspieltruppe, die es seit bald achtzig Jahren gibt. „2021 haben wir unser 75-jähriges Jubiläum gefeiert“, erklärt Sprecher Reini David gegenüber Quartiernetz3. Das Ziel des Initianten Leo Seidl 1946 war lustiges Volkstheater, dessen Motto die Gruppe heute noch verfolgt.

Der Start erfolgte zeitgleich mit der Gründung des Bernhard Theaters und dessen berühmten Protagonisten Emil Hegetschwiler, mit dem Seidl verglichen wurde. Als er im Jahr 1969 verstarb, ruhte der Theaterbetrieb ein paar Jahre, bis sich die Theatergruppe 1976 neu formierte. Heute blickt sie auf 75 Produktionen zurück.

Mit Corona folgte ein Einbruch bei den Besucherzahlen, doch seither gehen die Besucherzahlen wieder kontinuierlich nach oben, über 2600 Personen besuchten die 14 Aufführungen dieses Jahr. Interessant auch, wie die Laienschauspielgruppen untereinander vernetzt sind. So mischten sich auch 16 Theatergruppen unter die Besuchenden, um sich die Darbietung ihrer Kolleginnen und Kollegen anzusehen. Wer sagt denn da, immer weniger Menschen engagierten sich in ihrer Freizeit für ehrenamtliche Projekte? Mindestens für das Laientheater trifft das nicht zu.