„Drei Männer im Schnee“ mit Lokalkolorit

„Zäh Tag Gratisferie“ von und mit der Theatergruppe Friesenberg

Die Theatergruppe verlegte Erich Kästners Erfolgsstück „Drei Männer im Schnee“ nach Zürichberg, Friesenberg und Arosa.

Es war ein wenig wie im Dorf. Das Restaurant „Schweighof“ hat einen Saal. Die Leute des Quartiers kamen zuhauf zur Aufführung ihres Theaters. Die Stimmung erwartungsvoll festlich vor Beginn, entspannt und gespannt zugleich während der Pause. Sie machten's auf alle Fälle gut. Man kannte die Spieler ja auch im Alltag. Was die rauslässt auf der Bühne! Zudem wurde im Foyer serviert: Bier, Wein, Kaffee, Mineralwasser, auch Schinkenbrote und Nussgipfel. Die Stimmung war sehr gut, zufrieden nach der Vorstellung; man blieb noch ein wenig in der Beiz. Es war ja erst zehn Uhr.

Rund um den „Schweighof“ sind viele Genossenschaftssiedlungen. Vor einiger Zeit, mitten in den Zürcher Unruhen, hatte man sich gewehrt, dass die Schweighofstrasse immer mehr zum befahrensten Schleichweg Zürichs wurde. Man spielt auch schon seit dreissig Jahren Theater im Quartier. Das alles hat Tradition, und man bleibt auch bewusst in den Traditionen. Sehr pressefreundlich ist man. Der Hauptdarsteller im Stück und Präsident der Theatergruppe begrüsst vor der Vorstellung eine Delegation eines befreundeten Vereins aus dem Toggenburg — und die „Vertreter der Presse“. Die Begrüssung vor dem Vorhang wird sehr geschickt direkt ins Stück übergeführt. Er gehe jetzt nämlich weg, in die Ferien nach Arosa. Generaldirektor Tobler, Multimillionär, will einmal inkognito herausfinden, wie man im Grandhotel mit armen Leuten umgeht. In der Version des Stücks, die im „Schweighof“ geboten wird, wohnt Tobler in einer Villa am Zürichberg, der arbeitslose Dr. Hartmann, mit dem er in Arosa dann verwechselt werden wird, stammt vom Friesenberg. Kästners Geschichte der Irrungen und Wirrungen um einen reichen Mann, der es gern mal wissen möchte, ist bekannt. Die Verlegung der Geschichte nach Zürichberg, Friesenberg und Arosa macht die Sache so, dass man sich auskennt. So sind sie halt, die Leute, auch die reichen Leute. Das kann man sich auch am Friesenberg vorstellen.

Es wird mit Bravour gespielt. Die Spieler trauen sich zu, alle ohne Ausnahme, das geben zu können, was die Rolle verlangt. So sehe ich die reiche Witwe aus Österreich, so ich den Generaldirektor, so ich den Portier. Das überzeugt, auch und vor allem das Publikum: Szenenapplaus fast nach jeder geglückten Stelle. Das Bühnenbild ist ausgezeichnet. Man lässt es schon fast professionell schneien, lässt Ballone von der Decke schieben. Für den nicht enden wollenden Schlussapplaus holt man auch die Souffleuse aus ihrem Kasten. Es gehören alle dazu. Dass der Abend geglückt ist, das brachten alle zustande.

Man holte mich während der Pause hinter die Bühne. Ich wollte einiges wissen. Ja, man spiele immer Stücke dieser Art. Die Leute wollten lachen, sich entspannen. Einmal habe man ein ernstes Stück gegeben. Nie wieder. So aber kämen die Leute vom Fernsehen weg. Man hat den ersten Akt des Kästner-Stücks dramaturgisch sehr geschickt gerafft. Flashes, die als gestellte Bilder die nötige Information vermitteln. Schon das gehe vor allem älteren Leuten zu weit. Wenn das den ganzen Abend so weitergegangen wäre, wären sie nach der Pause heimgegangen.

So wird's wohl sein. Die Friesenberger kennen ihr Publikum und spielen für es. Für wen denn sonst?! Und doch scheint mir die Frage nicht nur spielverderberisch zu sein: Warum denn nicht einmal auch ganz anders, warum nicht gerade am Friesenberg? Wäre es denn z. B. ein Unglück, wenn gewisse Unterschiede zwischen Zürichberg und Friesenberg gerade am Friesenberg noch etwas klarer würden? Nur als Frage, nicht eigentlich spielverderberisch.